Medienkonferenz “Lebendiges Riehen” – Redebeitrag von Anna Verena Baumgartner

Ich habe eine Mutter aus Riehen kennengelernt, deren Tochter eine Beeinträchtigung hat. Sie hat mir erzählt, wie schwierig es war, für ihr Kind einen Schulplatz zu finden, der den individuellen Bedürfnissen wirklich entspricht.

Trotz ihrer Bemühungen stiess sie immer wieder auf Hürden im System – und musste regelrecht darum kämpfen, dass ihre Tochter eine Schule besuchen darf, die ihr gerecht wird. Es war ein langer Weg, bis schliesslich eine Lösung gefunden wurde, die dem Wohl des Kindes entspricht.

Heute hat die Tochter nach der Schule eine Ausbildung absolviert und arbeitet in einem geschützten Rahmen. Ein ermutigendes Beispiel – aber auch ein Hinweis darauf, wie viel Kraft und Durchhaltevermögen von den betroffenen Familien verlangt wird, um das zu erreichen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Als Fachfrau Betreuung erlebe ich täglich, wie herausfordernd echte Inklusion ist. Menschen mit Beeinträchtigung leben oft in Wohngruppen mit anderen Personen, die ebenfalls Unterstützungsbedarf haben. Ihr Alltag spielt sich meist innerhalb von geschützten Strukturen ab – Begegnungen mit der Nachbarschaft bleiben selten. Dabei sind es gerade diese alltäglichen Kontakte, die Teilhabe erst möglich machen.

Von Vereinen über Quartierzentren wie das Andreashaus – sie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur soziale Teilhabe, den man auf keinen Fall wegsparen darf.
Solche Orte schaffen Raum für echten Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Altersgruppen, mit und ohne Beeinträchtigung, in stabilen wie auch in schwierigen Lebenssituationen. 

Solch persönliche Begegnungen sind entscheidend, um Berührungsängste abzubauen, das gegenseitige Verständnis zu fördern, und bilden das Fundament für ein inklusives Zusammenleben. Das ist wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Quartier, in der Gemeinde und darüber hinaus zu stärken. Gerade deshalb möchte ich mich als Gemeinderätin für starke vielfältige Quartierzentren engagieren – und dazu gehört auch und gerade der Erhalt des Andreashaus. Quartierzentren sind für Riehen zentrale Investitionen.

Als Gemeinderätin möchte ich gerade jene Menschen sichtbar machen, die viel zu oft übersehen werden:
Nicht nur Menschen mit Beeinträchtigung, sondern auch junge Familien, ältere Menschen oder Menschen mit kleinem Einkommen. Die drohenden Abbaumassnahmen verlagern die Last auf genau diese Gruppen. Es wird genau dort gekürzt, wo Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt gelebt wird – bei der Bildung, der Betreuung, der sozialen Infrastruktur.

Wir sagen klar: Keine Kürzungen auf Kosten von Familien, Bildung und älteren Menschen!

Was wir stattdessen brauchen, sind gezielte Investitionen – in frühkindliche Betreuung, in den Erhalt von Begegnungsorten und in die Betreuung und Unterstützung der älteren Menschen. 

Lassen Sie mich noch etwas zu Riehens Unterstützung zur internationalen Zusammenarbeit sagen. Der Einwohnerrat hat vor einiger Zeit beschlossen, dass 1% der Erträge aus der Einkommensteuern für die internationale Zusammenarbeit und die Solidarität in der Schweiz eingesetzt werden soll. Der Betrag wurde für dieses und die kommenden Jahren massiv gekürzt. Ich bedauere dies – die Kürzungen werden es sicher notwendig machen das Konzept für die Unterstützung zu überdenken. Wir müssen uns fragen, wie Riehen mit einer eigenen DNA neben dem Kanton wirksam Unterstützung leisten kann. 

Ich wünsche mir ein Riehen, das solidarisch ist. Dafür möchte ich mich im Gemeinderat einsetzen!

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